Rechtsprechung

Ehrverletztende Äußerungen zwischen Wohnungseigentümern

 

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, ob ehrverletztende Äußerungen zwischen den Wohnungseigentümern eine wohnungseigentumsrechtliche Angelegenheit oder eine allgemeine Zivilsache sind.

 

Nimmt ein Wohnungseigentümer einen anderen Wohnungseigentümer auf Unterlassung oder Schadensersatz wegen einer Äußerung in Anspruch, handelt es sich nach der neuesten Rechtsprechung nur dann um eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit i.S.d. § 43 Nr. 1 WEG aF (bzw. § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG), wenn die Äußerung in einer Eigentümerversammlung oder Beiratssitzung getätigt wurde.

 

Durch den institutionellen Rahmen der Eigentümerversammlung, die das zentrale Willensbildungsorgan der GdWE ist, wird der für § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG erforderliche Bezug zum Gemeinschaftsverhältnis hergestellt. Das Gleiche gilt für Äußerungen in einer Beiratssitzung. Streitigkeiten über die Zulässigkeit von Äußerungen, die in Eigentümerversammlungen oder Beiratssitzungen fallen, sind daher stets Wohnungseigentumssachen. Dies gilt unabhängig von Inhalt und Anlass der Äußerung.

 

BGH, Urteil vom 22. September 2023 - V ZR 254/22

 

https://www.haufe.de/immobilien/verwaltung/bgh-beleidigung-unter-wohnungseigentuemern_258_609996.html

 

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Auskunftsanspruch nach § 556g Abs. 3 BGB selbständig und unabhängig von dem Anspruch des Mieters auf Rückzahlung überzahlter Miete gemäß § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) verjährt. Die Verjährungsfrist beginnt dabei nicht mit der Entstehung des Auskunftsanspruchs im Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses, sondern erst mit dem Auskunftsverlangen des Mieters. Der Auskunftsanspruch kann damit vor dem Rückzahlungsanspruch verjähren.

 

Bei dem Auskunftsanspruch handelt es sich zwar um einen Hilfsanspruch zu dem auf Rückzahlung überzahlter Miete gerichteten Hauptanspruch des Mieters. Er unterscheidet sich aber von dem Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB (Treu und Glauben), welcher grundsätzlich nicht vor dem Hauptanspruch verjährt, dem er dient, maßgeblich dadurch, dass der Gläubiger (Mieter) nicht erst auf der Grundlage der Auskunft in die Lage versetzt wird, seinen Zahlungsanspruch zu verfolgen und durchzusetzen. Der Mieter hat in einem Rückforderungsprozess neben einer ordnungsgemäßen Rüge gemäß § 556g Abs. 2 BGB lediglich die Anwendbarkeit und die Voraussetzungen des Grundtatbestandes des § 556d Abs. 1 BGB - das Überschreiten der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 10 % bei Mietbeginn - darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Hierfür benötigt er die Auskunft des Vermieters, welche nur die nicht allgemein zugänglichen preisbildenden Faktoren, vor allem aber die vom Vermieter in einem Rückzahlungsprozess darzulegenden und gegebenenfalls zu beweisenden, eine höhere Miete erlaubenden Ausnahmetatbestände der §§ 556e, 556f BGB umfasst, in der Regel nicht.

 

Die für den Auskunftsanspruch geltende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) beginnt nicht bereits mit dessen Entstehung (Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses), sondern erst mit dem Auskunftsverlangen des Mieters. Der Gesetzgeber hat diesen Anspruch als sogenannten verhaltenen Anspruch ausgestaltet, bei dem der Gläubiger (hier der Mieter) die Leistung jederzeit verlangen kann, der Schuldner (hier der Vermieter) die Leistung jedoch nicht von sich aus erbringen muss. Für diese Einordnung sprechen der Wortlaut der gesetzlichen Regelung ("auf Verlangen des Mieters") sowie der Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs, welcher darin besteht, ein durch die strukturelle Unterlegenheit auf angespannten Wohnungsmärkten bedingtes Informationsdefizit des Mieters auszugleichen, und schließlich die für verhaltene Ansprüche charakteristische und bei einer Abwägung der beiderseitigen Interessen von Vermieter und Mieter als unbillig empfundene Gefahr einer Anspruchsverjährung infolge des zeitlichen Auseinanderfallens von Entstehung und Geltendmachung des Anspruchs.

 

 

Quelle: BGH , Pressemitteilung Nr. 110/2023 vom 12. Juli 2023

Es besteht eine vertragliche, aus § 242 BGB herzuleitende Nebenpflicht des Wohnraummieters, dem Vermieter - nach entsprechender Vorankündigung - den
Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren, wenn es hierfür einen konkreten sachlichen Grund (hier: beabsichtigte Veräußerung der Wohnung) gibt. Eine solche
Pflicht kann sich zudem aus einer entsprechenden Vereinbarung im Mietvertrag ergeben (im Anschluss an Senatsurteil vom 4. Juni 2014 - VIII ZR 289/13, NJW
2014, 2566 Rn. 16 f., 20).

 

BGH, Urteil vom 26. April 2023 - VIII ZR 420/21

https://www.bundesgerichtshof.de/DE/Entscheidungen/entscheidungen_node.html

Einspieldatum 21. Juni 2023

 

 

Wird ein nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes gefasster Abrechnungsbeschluss gemäß § 28 Abs. 2 WEG mit dem Ziel angefochten,
den Beschluss insgesamt für ungültig erklären zu lassen, bemisst sich der Streitwert grundsätzlich nach dem Nennbetrag der Jahresabrechnung. Das für die Berechnung
der Grenzen des § 49 Satz 2 GKG maßgebliche Individualinteresse des Klägers entspricht seinem Anteil am Nennbetrag der Abrechnung (Fortführung von Senat, Beschluss vom 9. Februar 2017 - V ZR 188/16, ZWE 2017, 331 Rn. 8 ff.).

 

Durch die Reform des Wohnungseigentumsrechts hat sich der Beschlussgegenstand geändert, was zu einer Frage nach der Bemessung des Streitwerts führte.

Während nach bisherigem Recht die Jahresabrechnung genehmigt wurde (§ 28 Abs. 5 WEG aF), soll die Jahresabrechnung nach neuem Recht nur der Vorbereitung des Beschlusses über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse dienen. Dies ändert aber nach der Auffassung des BGH nichts daran, dass auch unter der Geltung des neuen Rechts das Interesse der Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung darin besteht, die tatsächlich angefallenen Kosten vollständig auf alle Wohnungseigentümer zu verteilen. Ihnen geht es deshalb nur vordergründig um die Abrechnungsspitze. Diese stellt lediglich das Rechenergebnis aus den einzelnen Abrechnungspositionen dar. Um die Richtigkeit der beschlossenen Zahlungsverpflichtungen beurteilen zu können, muss die Jahresabrechnung inzident geprüft werden. Dies kann bei der Streitwertfestsetzung nicht unberücksichtigt bleiben.


Etwas anderes ergibt sich nach weiteren Ausführungen auch nicht daraus, dass der auf der Grundlage einer Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 2 WEG gefasste Beschluss anspruchsbegründende Wirkung nur im Hinblick auf die Abrechnungsspitze hat. Insoweit ist nämlich keine Änderung gegenüber dem bisherigen Recht erfolgt.
Auch wenn die Wohnungseigentümer eine Jahresabrechnung durch Beschluss genehmigt hatten, wirkte ein solcher Beschluss nur hinsichtlich der Abrechnungsspitze anspruchsbegründend, d.h. nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrages, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse überstieg. Nur deren Berechnung konnte nach Eintritt der Bestandskraft nicht mehr infrage gestellt werden. Dies hatte jedoch nicht zur Folge, dass sich der Streitwert nur nach den Abrechnungsspitzen richtete. Vielmehr hat der Senat unter Berücksichtigung dieser eingeschränkten Wirkung eines Genehmigungsbeschlusses nach bisherigem Recht den Streitwert nach dem vollen Nennbetrag der Abrechnung bemessen. Hierdurch wurde das Gesamtinteresse der Wohnungseigentümer an dem Genehmigungsbeschluss zutreffend beschrieben. Entsprechendes gilt auch unter der Geltung des § 28 Abs. 2 WEG.

 

BGH, Urteil vom 24. Februar 2023 - V ZR 152/22 - LG München I
AG Lindau (Bodensee)

https://www.bundesgerichtshof.de/DE/Entscheidungen/entscheidungen_node.html 

Einspieldatum: 15. Juni 2023

 

 

Die Klägerin, eine Wohnungseigentümerin, verlangte von den Beklagten, anderen Wohnungseigentümern, es zu unterlassen, Kameras zur Videoüberwachung aufzustellen und verlangte zudem Schmerzensgeld nach Art. 82 DSGVO. Im Rahmen einer Kostenentscheidung hatte das Gericht zu beurteilen, ob ein Wohnungseigentümer einer Gemeinschaft nach der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes überhaupt befugt ist, einzeln DSGVO-Ansprüche geltend zu machen.

Das Gericht entschied, dass auch nach der WEG-Reform die Eigentümer Ansprüche auf Unterlassung von Videoaufzeichnungen und damit verbundene Schadensersatzansprüche individuell geltend machen können.

"Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts war keinesfalls sicher, dass die Klage unzulässig war. Zutreffend ist allerdings, dass nach dem insoweit maßgeblichen reformierten Wohnungseigentumsgesetz die Wohnungseigentümer Abwehransprüche aus § 1004 BGB bezüglich des gemeinschaftlichen Eigentums nicht mehr geltend machen können und der Abwehranspruch aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG bei der Gemeinschaft liegt (...).

Um derartige Ansprüche geht es der Klägerin vorliegend bei einer sachgerechten Auslegung der Klageanträge allerdings nicht. Die Klägerin erstrebt mit der Klage eine Unterlassung der Aufnahme von Videos durch eine Überwachungsanlage, die den Eingangsbereich ihrer Wohnung betrifft, bzw. die Beseitigung eines derartigen Überwachungsdrucks durch die Beklagten. Der Kern der Ansprüche betrifft ausweislich der Klage das Unterlassen des Fertigens von Videos von ihr, welche sie beim Betreten und Verlassen der Wohnung und dem Aufenthalt im Flur zeigen. Derartige Ansprüche, die sich als deliktische Ansprüche aus § 823 BGB i.V.m. dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder aus der DSGVO ergeben, sind keine Ansprüche, die nach § 9a Abs. 2 WEG der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Ausübung übertragen sind. Denn diese Ansprüche ergeben sich nicht aus dem gemeinschaftlichen Eigentum und sind auch keine solchen, die ihre Rechtsgrundlage in dem Verhältnis der Wohnungseigentümergemeinschaft haben. Vielmehr sind dies Individualansprüche der durch die Aufnahmen Beeinträchtigten. Dass diese zugleich Wohnungseigentümer sind, führt nicht dazu, dass insoweit die GdWE diese Rechte geltend machen muss. Insoweit liegt auch primär keine Verletzung des Binnenrechtes vor, sondern nach dem insoweit für die Zulässigkeit maßgeblichen Vortrag der Klägerin wird diese in den ihr zustehenden individuellen Rechten durch die Beklagten beeinträchtigt (...).

Gleiches gilt für den Schmerzensgeldanspruch bzw. den Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DS-GVO. Auch diese Ansprüche sind individueller Natur und daher ebenso weiterhin von dem Beeinträchtigten geltend zu machen und nicht von der Gemeinschaft."

 LG Frankfurt a.M., Beschluss 10.05.2023 - Az.: 2-13 T 33/23

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